
Nachnutzung
Nach dem Zweiten Weltkrieg blieb der Walpersberg ein Ort militärischer Nutzung und Geheimhaltung. Das ehemalige REIMAHG-Werk erhielt in den folgenden Jahrzehnten neue Rollen – von landwirtschaftlichen Lagern über geologische Archive bis hin zum militärischen Sperrgebiet.
Nachnutzung des Walpersbergs
Am 13. und 14. April 1945 erreichten Einheiten der 89. US-Infanteriedivision die Region um Kahla. Sie befreiten die Lager und das Betriebskrankenhaus in Hummelshain, in dem sich über hundert Zivilisten und Kranke befanden. Nach der Besetzung durch die Amerikaner wurden deutsche Wachmannschaften abgezogen, während Zwangsarbeiter und Einheimische die Anlagen plünderten. Maschinen, Fahrzeuge und Materialien wurden teils mutwillig zerstört oder verbrannt.
Nach dem Abzug der Amerikaner am 1. Juli 1945 übernahm die Rote Armee den Walpersberg und erklärte das ehemalige Rüstungswerk zur Kriegsbeute. Sowjetische Truppen demontierten Maschinen und technische Anlagen, verluden sie auf Güterwaggons und transportierten sie in die UdSSR. Zwischen 1946 und 1948 sprengten Pioniereinheiten große Teile der Bunker, der Startbahn und der Infrastruktur, um eine militärische Wiederverwendung zu verhindern. Trotz der Zerstörungen blieben große Teile des Stollensystems erhalten.
In den Jahren nach dem Krieg nutzten örtliche Betriebe und die LPG Walpersberg einzelne Stollenabschnitte als Lager für Kartoffeln und Gemüse. Das gleichmäßige Klima im Berg bot dafür ideale Bedingungen. Diese provisorische Nutzung endete Mitte der 1950er Jahre, als das Gelände zunehmend wieder unter staatliche Verwaltung gestellt wurde.
Ab 1961 richtete der VEB Geologische Forschung und Erkundung Halle im Südteil der Anlage ein zentrales Bohrkernarchiv ein. Hier lagerten hunderttausende Gesteinsproben aus Rohstofferkundungen der gesamten DDR – vom Braunkohlerevier Leipzig bis zu Talsperrenprojekten. Das Archiv bestand bis 1969 und war eine der ersten zivilen Nachnutzungen.
Ab 1972 führte die Bergsicherung Ronneburg im Auftrag staatlicher Stellen systematische Untersuchungen zur Standsicherheit des Walpersbergs durch. Zwischen 1972 und 1976 entstanden fünf Erkundungsstollen mit insgesamt über 1.200 Metern Länge. Das Abschlussgutachten von Dipl.-Ing. Knut Köhler (1988) bescheinigte weitgehend stabile Verhältnisse und empfahl punktuelle Sicherungen wie Spritzbeton, Felsanker und Lüftungsmaßnahmen.
Auf Grundlage der geotechnischen Untersuchungen übernahm die Nationale Volksarmee ab Mitte der 1970er Jahre Teile der Anlage und richtete unter strenger Geheimhaltung das „Komplexlager 22“ ein – ein unterirdisches Depot für Munition und Ausrüstung der Landstreitkräfte. Das Gelände wurde zum militärischen Sperrgebiet erklärt, Zugänge getarnt und alte Stollen wie Q 8, Q 13 und R 3 wiederhergestellt sowie mit Beton ausgekleidet. Oberhalb des Leubengrunds entstand 1975 eine neue Gedenkstätte, da die ursprüngliche Mahn- und Gedenkstätte militärischen Zwecken weichen musste.
Nach der Wiedervereinigung ging das Areal in die Verwaltung der Bundeswehr über. Es diente der Sicherung, der Räumung verbliebener NVA-Bestände und der Überprüfung kontaminierter Bereiche. Bis 1998 bestand eine begrenzte militärische Nutzung, danach wurde das Gelände aufgegeben und sich selbst überlassen.
2007 übernahm der Geschichts- und Forschungsverein Walpersberg e. V. Teile des ehemaligen Militärgeländes. Seither erforscht, sichert und vermittelt der Verein die Geschichte des Berges – von der Zwangsarbeit über die militärische Nachnutzung bis zur Gegenwart. Dokumentationen, Führungen, Ausgrabungen und Zeitzeugenarbeit machen das Areal als authentischen Erinnerungsort zugänglich.
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Museumsobjekte zur Nachnutzung
Im Dokumentationszentrum Walpersberg zeigen wir Objekte, die die vielfältigen Nachnutzungen der Anlage nach dem Krieg dokumentieren.




